Wir erhalten Aufmerksamkeit. Aufmerksamkeit vor allem durch und wegen unserer Fahrzeuge. Aufmerksamkeit durch die Art und Weise, wie wir reisen und durch die Ziele unseres Projekts – unsere Mission: Vorurteile abzubauen und das kulturelle Verständnis der Menschen unterschiedlicher Nationen untereinander zu fördern.
Wir wünschen uns mehr Frieden und Harmonie im Zusammenleben der Menschen auf unserem Planeten. Eine wichtige Voraussetzung für ein friedliches Miteinander ist Freundschaft. Freundschaftliche Bande können aber nur dann entstehen, wenn man sein Gegenüber kennt und versteht.
Angst und Vorurteile entstehen immer dort, wo auch Unwissenheit und Fremdheit besteht.
Wir möchten mit unserer Reise und unserer Berichterstattung Licht ins Dunkel bringen.
Wir möchten euch Kulturen, Religionen, Länder und Menschen näher bringen und unsere Erfahrungen mit euch teilen.
Mehr positive Nachrichten – weniger einseitige Berichterstattung
Gestern hat duden wie zufällig den Suchbegriff Indien bei Google eingegeben und die allererste Meldung, die kam, war folgende:
„21 Millionen ungewollte Mädchen“
Ja, es gibt diese Problematik in Indien, aber warum berichtet niemand über die Ursprünge dieser Problematik? Darüber, dass es sich viele Familien nicht leisten können mehr als eine Tochte zu verheiraten, weil die Mitgiftzahlungen so hoch sind. Aber noch viel wichtiger: Warum berichtet niemand im gleichen Atemzug, denn positive und negative Schlagzeilen sollten gleichwertig behandelt werden, davon, dass es Familien gibt, die stolz darauf sind, Töchter zu haben? Die ihren Töchtern die Ausbildung an einer privaten Schule ermöglichen, da die staatlichen Schulen in Indien vielfach einen schlechten Ruf haben.
Norrul beispielsweise ist Manager eines Vodaphoneshops und muslimischen Glaubens, er gehört einer gehoben Kaste an. Sai ist Rikshaw-Fahrer aus einem kleinen Dorf und seine Frau betreibt ein kleines Lebensmittelgeschäft, sie sind beide hinduistischen Glaubens und gehören einer niedrigeren Kaste als Norrul an.
Auf den ersten Blick haben diese beiden Männer, Sai und Norrul, nicht viel gemeinsam. Schaut man jedoch genauer hin, findet man in beiden indische Väter, die stolz darauf sind Töchter, zu haben und dies auch offen bekunden und zeigen. Beide setzen sich für eine gute Ausbildung ihrer Töchter ein und wünschen ihnen nur das Beste.
„21 Millionen ungewollte Mädchen“ – das ist eine traurige Zahl. Aber woher kommt diese Zahl? Und warum spricht niemand davon, dass in Indien 655 Millionen Frauen leben, von denen „nur“ 21 Millionen anscheinend ungewollt sind? Ich möchte diese Zahl ebenso wenig wie die damit verbundene Problematik herunterspielen. Ich frage mich nur, warum so häufig einseitig und vor allem negativ berichtet wird.
Googelt ihr heute den Begriff Indien, wird es noch schlimmer: Dann taucht zuerst folgende Schlagzeile auf:
„Wieder Horrorfall in Indien – Acht Monate altes Baby vergewaltigt“
Vor allem das WIEDER stößt mir hierbei sauer auf.
Neben einem verstärkten Fokus auf die kulturelle Vielfältigkeit der Länder, durch die wir reisen und einer Dokumentation dessen, was uns begegnet (Gutes wie Schlechtes), wollen wir euch von sozialen Projekte erzählen.
Wie bereits zu Beginn dieses Beitrags angemerkt, sorgen wir mit unseren Fahrzeugen und unserer Art zu Reisen für Aufmerksamkeit. Diese Aufmerksamkeit hat uns bereits vielerorts Einblicke in karikative Projekte beschert, von denen wir euch in Kürze ausführlich berichten möchten.
Wir haben eine Schule besucht, die, wenn auch unter christlicher Trägerschaft, Mädchen und Jungen jedweder religiösen Konfession aufnimmt und insbesondere für Kinder aus zerrüttenen Familien ein neues Zuhause darstellt – Grace School.
Wir haben die Möglichkeit erhalten, ein Krankenhaus in Raipur zu besichtigen, das herzkranke Kinder aus der ganzen Welt kostenlos behandelt, operiert und ihren Familien während des Zeitraums der Behandlung Kost und Logis zur Verfügung stellt.
Wir wurden zu der Gründungsveranstaltung des Queensclub der Rotarier in Bilaspur eingeladen und haben uns mit sehr engagierten und aufstrebenden jungen Frauen unterhalten, die ihre gesellschaftliche Stellung dafür nutzen möchten, Gutes zu tun.
Im Zuge dessen haben wir zudem die Möglichkeit erhalten, eine Förderschule zu besuchen, die allein durch private Mittel finanziert ist und Kindern mit Beeinträchtigung zu einer schulischen Bildung und Betreuung verhilft.
Besonders spannend war bei diesem Besuch das Gespräch mit der Direktorin, bei dem es unter anderem um Förderschulen und Inklusion in Deutschland ging (ein berufliches Themenfeld, in dem Froilein Lumi sich bewegt).
Ob wir unserem Ziel der kulturellen Verständigung bereits näher gekommen sind, können wir nicht sagen. Wir sehen jedoch, dass täglich mehr Menschen unserem Blog folgen, nicht nur aus Deutschland und anderen europäischen Ländern, sondern auch aus Asien und Südamerika. Wir werden unseren Blog daher so bald wie möglich bilingual ausbauen, um unser Ziel der kulturellen Verständigung und des Abbaus von Vorurteilen noch weiter streuen zu können.
Also freut euch mit uns auf mehr positive Nachrichten, mehr Geschichten, mehr Videos und mehr Infos rund um die Länder, durch die wir reisen und über die Menschen, die wir treffen.
Wir haben es geschafft. Irgendwie, denn ehrlich gesagt habe ich zwischendurch nicht mehr viel von der Straße, geschweige denn dem Gegenverkehr oder duden (der vor mir fuhr) gesehen.
Noch ist die Sicht weitestgehend gut
Wir wurden bereits in Raipur vorgewarnt und haben sowohl uns als auch unsere Fahrzeuge entsprechend der Strecke vorbereitet. Soll heißen wir haben uns verbarrikadiert und maskiert:
Landschaftlich war unsere Strecke eher öde. Die meiste Zeit ging es schnurgeradeaus Richtung Norden. Dafür war die Tierwelt entlang unserer heutigen Tagesroute um so interessanter.
Kühe, Esel, Ziegen, Schafe, Hunde und vereinzelt auch mal eine Katze, das sind wir gewöhnt. Hinzu kommen noch die kleinen süßen Äffchen, die uns in wäldlicheren Regionen hin und wieder vom Straßenrand aus nachschauen (wir sind natürlich nicht so verrückt für ein „Niedliches Äffchen“-Foto anzuhalten). So blöd bin noch nicht mal ich bei meiner übermäßigen Tierbegeisterung. Am Ende habe ich noch einen randalierenden Affen im TukTuk sitzen und von süß oder niedlich spricht spätestens dann niemand mehr.
Nun aber zurück zum heutigen Tag, da gab es etwas wirklich Außergewöhnliches zu sehen. Vielleicht lag es an der Hitze und dem Staub, vielleicht fühlen sich die großen Paarhufer bei den hiesigen Klimabedingungen zwischen Raipur und Bilaspur an ihre Heimat erinnert, vielleicht hatte ich auch einfach nur einen Sonnenstich oder bin einer Fata Morgana zum Opfer gefallen, aber vielleicht auch nicht und es war wirklich eine Kamel-Karawane, die da friedlich am Highway entlang getrottet ist und sich in keinster Weise vom Staub in der Luft hat stören lassen.
Die Kamele waren allerdings nicht die einzige tierische Besonderheit auf unserer Route.
Diese Affenart haben wir bisher noch nie gesehen. Sie sind wesentlich größer als ihre Artgenossen aus den Wäldern. Habt ihr eine Ahnung, um welche Affen es sich handeln könnte?
Aufgrund der Straßenverhältnisse und des stetigen Verkehrs war es leider nicht möglich, während der Fahrt anzuhalten, um Fotos machen zu können. Ich habe dennoch mein Bestes gegeben und während der Fahrt mit der rechten Hand, die eigentlich konstant am Gas bleiben muss, Fotos gemacht, ohne mein TukTuk abzuwürgen oder von einem der von hinten herannahenden Autos platt gefahren zu werden.
Die Ergebnisse seht ihr hier – es war nicht ganz einfach. Und wenn ihr euch jetzt fragt, warum ich nicht mit der linken Hand Fotos gemacht habe, dann möchte ich dazu nur so viel sagen: versucht mal, mit der linken Hand (einhändig) aus dem rechten Fenster heraus ein Foto zu schießen, zumal dann, wenn der Auslöseknopf sich in der rechten oberen Ecke des Gehäuses befindet – UNMÖGLICH!!!! Wer’s nicht glaubt, darf gern nach Indien kommen, mein TukTuk fahren und es selbst ausprobieren. 😉
Eine Verschnaufpause mit Tee haben wir uns trotzdem irgendwann gegönnt, auch wenn dies bedeutet hat, das all die langsamen LKWs, die wir mühsam überholt hatten, anschließend wieder vor uns waren. Egal, Pause muss sein und an den pappsüßen Chai haben wir uns inzwischen auch gewöhnt.
Die ersten 1300 Kilometer liegen hinter uns und gefühlt die Hälfte davon war mehr Schotterpiste als Straße. Das hat unsere Fahrzeuge ordentlich mitgenommen und wir mussten gestern erneut in eine Werkstatt.
Diesmal in eine BAJA Werkstatt, da wir gehofft haben, hier kompetente Hilfe und die dringend benötigten Ersatzteile zu bekommen.
Kompetente Hilfe haben wir erhalten und das von ganz ungeahnter Seite. Preeti Singhal Mundhra ist die Managerin des hiesigen BAJAJ Sparepart- und Werkstattstores und hat unsere Fahrzeuge auf Vordermann gebracht.
Einige Dinge konnte sie leider nicht austauschen, da die benötigten Ersatzteile nicht vorrätig waren.
Aber auch das war kein Problem für sie. Preeti hat einfach die zuständige Werkstatt in Bilaspur (unserem nächsten Tagesziel) informiert, uns die Adresse in die Hand gedrückt und uns mit den von ihr soweit wie möglich reparierten Fahrzeugen auf die Reise geschickt.
Wir sind unglaublich dankbar, in Preeti eine so hilfsbereite, kompetente und ehrliche Werkstattmanagerin gefunden zu haben (aus Chennai sind wir da ja leider anderes gewöhnt).
Die Tatsache, dass eine Frau, noch dazu in Indien, in diesem typischerweise von Männern dominierten Arbeitsfeld eine leitende Position inne hat, war für uns zusätzlich spannend zu sehen.
Ich möchte diesen Beitrag gern mit einem Zitat von Rajesh Golani beginnen, der den indischen Straßenverkehr wie folgt beschrieben hat:
„The indian traffic shows unity in diversity“
Was er damit meinte wird bereits nach wenigen Minuten der aktiven Verkehrsteilnahme klar. Einigikeit in Vielfältigkeit trifft es wirklich gut. Hier in Indien darf jeder am Straßenverkehr teilnehmen und wird mehr oder weniger gleich behandelt. Jedes Leben ist wertvoll und egal wie rasant und/oder chaotisch gefahren wird, auf den Straßenhund wird genauso Rücksicht genommen wie auf den Rikshawfahrer mit Handkurbel oder der Dame im SUV. Das Bild der Verkehrsteilnehmer hier ist sehr bunt. Selbst auf dem Highway sieht man Fußgänger, Fahrradfahrer, Ochsenkarren, Hunde, Kühe, Ziegen, Busse, Autos, TukTuks, Lkws und Falschfahrer (jede Menge) = diversity in unity.
(Leider habe ich kein Foto auf dem die gesamte Vielfalt vereint ist, aber ehrlich Leute bei dem Verkehr auch noch fotografieren, während man am Steuer sitzt geht echt nicht)
Unity in diversity
Regeln? Hahaha
Wer 4 Tage in Indien Auto fährt lernt Ruhe zu bewahren und rücksichtslos zu fahren. Der indische Straßenverkehr macht uns alle zu Gesetzlosen, anfangs erschreckend, macht es nach einer Weile richtig Spaß. Denn ähnlich wie in Süditalien gilt auch hier Devise: Wenn du dich anpasst, passiert dir am wenigstens.
Es ist laut, chaotisch und bunt auf den Straßen, wobei laut definitiv überwiegt – wobei die Laster auch sehr kunstvoll bemalt sind. Also stellen wir mal bunt&laut auf eine Stufe.
Also wie gesagt, sobald man sich den lokalen Gegebenheiten und nicht mehr der Straßenverkehrsordnung anpasst (die Briten haben sowas ja mal eingeführt) macht es richtig Freude.
„Indians do not drive left of the street, but on what is left of the street“
Im indischen Straßenverkehr ist allem Anschein nach alles erlaubt:
Nicht nur junge Leute reisen so, häufig sieht man ganze Familien auf einem Roller oder Motorrad
Beim Fahren telefonieren = kein Problem
Lässig neben einem anderen Fahrzeug herfahren und sich durchs offene Fenster hindurch unterhalten = kein Problem
10 Personen (1 Fahrer + 9 Passagiere – hier wäre in Deutschland zumindest mal ein Personenbeförderungsschein fällig) in einem für 4 Personen (1 Fahrer + 3 Passagiere) ausgelegten TukTuk = kein Problem
4 Personen auf einem Roller/Motorrad = kein Problem
Gegen die Verkehrsrichtung fahren aka Geisterfahrer = kein Problem (auch auf dem Highway nicht)
Links, Rechts oder in der Mitte überholen = kein Problem – man fährt halt da wo Platz ist
Mit offener bzw. nicht vorhandener Motorabdeckung fahren = kein Problem
Ohne Fahrerkabine fahren = kein Problem
Die Ladung links, rechts und gegebenenfalls auch hinten 2m überstehen lassen = kein Problem
Einzig die Frage, ob man nackt fahren darf steht für mich derzeit noch im Raum. In Deutschland ist das ja prinzipiell erlaubt. Da der Innenraum des eigenen Fahrzeugs rein rechtlich unter den Schutz der Privatsphäre fällt. Zu der Erregung öffentlichen Ärgernisses käme es erst dann, wenn man sein Auto auch nackt verlässt.
Nichtsdestotrotz werde ich das hier in Indien wohl nicht ausprobieren, denn je weiter wir in den Norden kommen desto kälter wird es hier.
„Ich bin ruhig! Ich muss mich nicht beruhigen!!!“ – Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung
Wirklich fies sind übrigens die Speedbumbs /Beschleunigungshubbel, die werden nämlich im sonst so buntem Indien weder durch farbige Markierungen am Boden noch durch Schilder angezeigt. Das lässt in vielen Fällen nur zwei Handlungsalternativen zu: Vollbremsung oder mit voller Geschwindigkeit drüber fliegen. Ersteres ist schlecht für die Bremsen und letzteres schlecht fürs Fahrgestell. Fahrer, Beifahrer und Gepäck werden in jedem Fall ordentlich geschüttelt.
Eine weitere Besonderheit auf den hiesigen Straßen zeigt sich in einer gewissen Affinität der Inder zum Slalom. In jeder Stadt und jedem größerem Dorf gibt es mindestens eine Straßenverengung. Hierbei werden etwa 2,50 m lange Warnbarken leicht versetzt links und rechts auf der Straße postiert und sorgen dafür das eine sonst theoretisch zweispurige Straße, auf der die Autos aber tatsächlich drei- oder vierspurig fahren, plötzlich nur noch einspurig zu befahren ist.
…war ja klar das ich dann ein Foto mache wenn nix auf der Straße los ist =)
Ich muss allerdings zugeben, dass die Verengungen ihren Zweck erfüllen und aktiv zu einer Reduzierung der Fahrgeschwindigkeit führen, wobei ich nicht genau sagen kann, ob die Nebeneffekte (lautes Gehuppe und punktuell erhöhte Schadstoffbelastung durch Stagnieren des Verkehrs) ebenso gewollt sind.
Frauen am Steuer
Weibliche Verkehrsteilnehmer, die etwas anderes als einen Roller fahren sind in Indien eine echte Seltenheit, zumindest habe ich noch nicht viele Gefährtinnen im Straßenverkehr getroffen. Umso mehr falle ich selbst natürlich als Frau am Steuer auf.
Als Beifahrer sieht man natürlich zahlreiche Frauen auf den Straßen, besonders schön finde ich die Variante im Damensitz auf dem Motorrad/Roller sitzend. Wenn man sich erst einmal daran gewöhnt hat ist es überraschend bequem.
Viele Menschen, viele Fahrzeuge viele Unfälle?
Unfälle sieht man spannenderweise kaum. Zwar verkeilen sich öfter mal Autos oder Busse ineinander, aber dann wird meistens langsam weitere gefahren und die ein oder andere Schramme in Kauf genommen.
Meinen ersten Beinahe-Unfall hatte ich ausgerechnet mit der Polizei. Bereits kurz nachdem wir in Chennai auf den Highway gefahren sind, wurden wir rechts von einer Polizeistreife überholt. Im Linksverkehr absolut legitim, wobei hier in Indien sowie so jeder da überholt wo Platz ist.
Aber egal. Wir wurden also von der Polizei überholt. Mitten im Überholmanöver haben die beiden Beamten wohl realisiert das sie da gerade eine Frau im TukTuk überholen und waren davon so erstaunt, verwirrt, überwältig, geflasht oder auch schockiert, dass sie vor lauter zu mir rüber Starren, das Lenken vergessen haben und auf den Mittelstreifen abgedriftet sind. Blöd nur das der Mittelstreifen auf dem Highway ein etwa 20 cm hoher und 1,50 m breiter Bordstein ist. Die Geräusche des auf dem Bordstein entlang schrappenden Fahrgestells waren echt fies. Immerhin gab es an dieser Stelle keine Mittelleitplanke, die sind nämlich in der Regel aus massivem Beton. Ich konnte mir bei der ganzen Aktion nur schwer das Lachen verkneifen und auch die Polizisten nahmen die Sache mit Humor, denn als sie kurz darauf erneut an mir vorbeifuhren gab es thumps up und begeisterte Zurufe.
Spezielle Hupen für spezielle Fahrzeugklassen?
Wie ich bereits sagte ich der indische Straßenverkehr sehr laut, fast schon ohrenbetäubend. Das liegt zu einem daran, dass man zum Beispiel jedes Mal hupen soll, wenn man einen LKW überholt. Die meisten der riesigen Laster haben dies sogar ausdrücklich auf ihre Heckklappe geschrieben.
„Please sound HORN Please“
Also wird eifrig gehuppt. Besonders hohe Dezibelzahlen erreichen die Hupen und Hörner der Lastkraftwagen selbst, dicht gefolgt von Bussen. Glückerlicherweise gibt es für diese Klasse von Fahrzeugen extra Hupen mit einer unverwechselbaren Lautabfolge. Wenn diese ertönen empfiehlt es sich am besten sofort die Straße freizumachen. Lastwagen und Busse sind die uneingeschränkten Herrscher auf den indischen Straßen und machen selbst im Gegenverkehr und bei ihrerseits gewagten Überholmanöver keinen Milimenter mehr Platz als erforderlich. Wenn man nicht bereits nach dem Bruchteil einer Sekunde für Platz auf der eigenen Spur sorgt, wird es richtig laut. Dann folgt ein wahres Konzert von wutgepeitschtem Gehuppe und selbst Ohropax helfen da nicht mehr.
Einige Motorradfahrer haben sich die Überlegenheit dieser Platzhirsche zu nutze gemacht und sich selbst eine entsprechende Hupe einbauen lassen. Sehr clever wie ich sagen muss, da ich bereits selbst zweimal darauf reingefallen bin und bereitwilligen einem Motorroller Platz gemacht habe.
Tiere im Straßenvehrkehr – eine ganz eigene Art der Verkehrsregulierung
Wirklich Achtung haben Busse und Co. nur vor einem einzigen anderen Verkehrsteilnehmer. Dieser legt auch in der Rushhour problemlos das gesamte Geschehen lahm. Wer sich jetzt fragt welches andere Fahrzeug eine solche Macht ausstrahlt und eventuell an Regierungskennzeichen oder ähnliches denkt ist schief gewickelt. Es handelt sich natürlich um das heiligste aller Tiere – die Kuh. Kühe gehören in Indien auch in Millionenstädten wie Chennai oder Raipur zum ganz normalen Verkehrsaufkommen dazu. Gerne liegen sie am Straßenrand im Schatten oder kreuzen belebte Straße. Besonders interessant wird es, wenn sie mitten in der Rushhour beschließen sich and die Mittelleitplanke zu kuscheln und ein Nickerchen auf dem heißem Beton zu machen. Eine Kuh darf im Straßenverkehr so gut wie alle, zumindest darf sie laufen, stehen oder liegen wo sie will und wird höchstens durch ein kurzes zärtliches Hupen gebeten doch zur Seite zu weichen.
Manchmal läuft es jedoch auch für die Kühe doof. Wie gesagt sie liegen mit einer gewissen Vorliebe an die Betonpfeiler der Mittelleitplanke gelehnt, blöd nur wenn die Betonpfeiler gerade mal wieder frisch nachgestrichen wurden, dann gibt´s Zebrakühe – aber wie heißt es so schön: „Ein Heiligtum ist durch nichts zu entstellen“ und die Kühe tragen ihren neuen Look mit Fassung.
Blinker – Ja -Nein -Vielleicht ???
Oh eine Sache noch, besonders spannend finde ich das viele der Bus und LKW-Fahrer beim Abbiegen Handzeichen geben. Im Fall der Busse lehnt bei einem Spurwechsel nach Links meist ein halber Mensch aus der geöffneten Tür und gibt auf fast schon frenetische Art und Weise Handzeichen, dabei macht den Bussen hier sowieso jeder Platz (Kühe einmal ausgenommen). Auf Lichtzeichen (Blinker) wird hier nicht allzu viel Wert gelegt, es sei denn man hat einen hübschen Aufkleber auf dem Heck kleben auf dem steht. AC/no Handsignal.
Spätestens seit es Klimaanlagen gibt und sich ein Wissen um die Problematik der Luftverschmutzung in den Köpfen der Menschen festgesetzt hat, werden Fenster und Türen beim Fahren überwiegend geschlossen gehalten und Handzeichen somit unmöglich gemacht.
Ich versuche meistens meinen Blinker zu benutzen, muss aber zugeben, dass ich auch schon des öfteren vergessen habe ihn wieder auszuschalten und den ein oder anderen Kilometer mit nach links/rechts gesetztem Blinker gefahren bin. Von daher habe ich bereits überlegt, ob es nicht Sinn machen könnte einen Aufkleber speziell für mein TukTuk zu entwerfen:
No AC/ No Handsignal – sometimes Turn Signal
Ich selbst errege natürlich auch viel Aufmerksamkeit im indischen Straßenverkehr, bisher aber tatsächlich ausschließlich auf positive Weise. Mal schauen wie es weiter geht! Ansonstens fühle ich mich schon recht indisch, seit ich ganz bewusst die ersten Meter als Falschfahrerin unterwegs war und meine Hupe im Stadtverkehr im Dauereinsatz habe.
naja, Tagesberühmtheiten…
Naja, Berühmtheiten in Randbemerkungen.
Auf jeden Fall sind wir stolz, dass wir es mal wieder in die Zeitung geschafft haben, dieses Mal in die Zeitung des indischen Staats Chhattisgarh. Der Reporter ist gestern abend extra noch vor Druckschluss vorbei gekommen und duden hat sich in seinen feinsten Zwirn geschmissen.
Aber seht selbst, viel Spaß beim Lesen!
Hoppla, seit unserem letzten Post ist einige Zeit verstrichen und ausgerechnet da haben wir uns krankgemeldet. Seitdem haben wir einiges erlebt und einige Kilometer hinter uns gebracht.
Zuletzt waren wir in Bhadrachalam und lagen beide scheintot im Bett (aktuell besteht unser Team ja nur aus Froilein Lumi und duden).
Nachdem wir glücklicherweise das Hotel wechseln konnten und uns einen GANZEN TAG Ruhe gegönnt haben, waren wir zumindest halbwegs wieder fit. Das war auch gut so, schließlich erwartet Marcus (Teammitglied Nr. 3) uns am 2.01 in Varanasi und bis dahin sind es noch 1300 km.
Also haben wir uns am Morgen des 24.01 mit zwei Fahrern…
– ja wir geben es zu, lasst es uns ‚chauffieren‘ und nicht ‚cheaten‘ nennen, okay? –
… in UNSEREN TukTuks nach Jagdalpur fahren lassen. Vermittelt wurden uns Sai und sein Freund von Mamatha.
Auf Wiedersehen Mamatha
Wir müssen zugeben, dass es unglaublich gut getan hat, einmal nicht selbst hinterm Steuer zu sitzen. Während duden zwischendurch sogar mal eingenickt ist, hat Lumi sich mit Händen, Füßen und ihrem india Phrasebook mit ihrem Fahrer (Sai) unterhalten und dabei viel über seine Familie und seine zwei Töchter erfahren.
Sai verabschiedet sich von seiner Frau, die im Dor einen eigenen kleinen Laden besitzt.
Die Fahrt führte uns durch Wälder, Baumwollfelder und vorbei an riesigen Chilianpflanzungen und sogar unsere ersten Steigungen hoch.
Etwas seltsam erschienen uns die vielen Militärbasen, Polizeischulen und Straßenkontrollen in der Grenzregion zu Odisha. Na ja, vielleicht auch dank unserer einheimischen Fahrer wurden wir kein einziges Mal angehalten und konnten, von einer Reifenpanne abgesehen, die Fahrt in völliger Ruhe und Unbeschwertheit genießen bzw. verschlafen.
..wird kurze Zeit später tief und fest geschlafen
Eine typisch indische Raststättenküche
Erst noch frisch und munter…
und sofort geflickt.
Pause muss sein, zumal es schon dunkel geworden ist.
Der platte Reifen wird gewechselt…
In Jagdalpur angekommen mussten wir uns erstmal ein Hotel suchen, da wegen des anstehenden Nationalfeiertags (26.01) und des Besuchs des Premierministers von Chattisgrah so gut wie alle Zimmer ausgebucht waren. Am Ende fanden wir mit der Hilfe einiger ortsansässiger Studenten schließlich doch noch ein akzeptables Zimmer (wenn auch ohne Heißwasser – aber man behilft sich mit dem, was man finden kann, zum Beispiel einem Wasserkocher im Zimmer und einem Eimer. Et voilá heißes Wasser zum Duschen äh Waschen, ach egal Hauptsache richtig heiß).
…diese Jungs werden uns noch eine Weile beschäftigen =)
Viel mehr darüber, was wir in Jagdalpur alles erlebt haben, möchten wir hier nicht verraten, das ist nämlich Froilein Lumis Sache =). Nur so viel vorab, unser Froilein hat mit einer Entourage von 9 jungen indischen Studenten ihren Geburtstag gefeiert, wurde zu den Niagarafällen Indiens gebracht, auf eine Bootstour mitgenommen und ins Tal der Echos entführt – insgesamt ein überraschend lebhafter und ereignisreicher Geburtstag (und das ist nur etwa die Hälft von dem, was wir an diesem Tag gemacht haben).
Lumi wurde am nächsten Morgen von unserer Abendbekanntschaft mit einer Geburtstagstorte überrascht.
Chitrakot Wasserfälle
Lumis Jungs
Am nächsten Tag, dem indischen Nationalfeiertag ging es dann mit bunt geschmückten TukTuks weiter nach Kondagaon.
Schritt 1: Deko kaufen
Schritt 2: Deko anbringen
Schritt 3: Mit der Deko durch die Lande fahren. Hier hätten wir übrigens mal ein Amphibientuktuk gebraucht, oder ei Panzertuktuk
Eine eher kurze Etappe, da wir am morgen in Jagdalpur noch einmal unsere Fahrzeuge in die Werkstatt bringen mussten. In Kondagaon sind wir dann überraschenderweise im bisher schicksten Hotel unserer Reise gelandet und das für 12€ die Nacht inkl. TukTuk-Wachmann. Warum das schickste Hotel? Es wurde erst am Tag zuvor eröffnet und war noch eine halbe Baustelle. Die Zimmer jedoch, die schon bezugsfertig waren, waren absolut top. Schön, sauber, ohne Schimmel, ohne Grünspan, also ohne alles, was irgendwie an indische Hotels erinnert. STOPP, eine Sache war typisch indisch = die Stehtoilette.
Nach Kondagaon ging es bereits früh am Morgen in frierender Kälte weiter nach Raipur. Blöd nur, wenn man so wie Lumi nur barfuß TukTuk fahren kann. Oben dicke Fleecejacke mit Stehkragen und dazu Handschuhe und unten jede Menge nackte Haut.
Oben mollig warm und unten luftig frisch – Hauptsache, man hat genug Gefühl im Fuß, um das Bremspedal zu treten
Da tut so ein heißer Chai vom Feuer richtig gut, zumal wenn der Ofen aus Lehmziegeln ist und der Boden direkt vor dem Ofen wie eine angenehm temperierte Fußbodenheizung wirkt. Lumi war gar nicht mehr von diesen 0,25 qm² weg zu bekommen, so sehr hat sie es genoßen, endlich warme Füße zu bekommen.
Albernheiten müssen sein…
…ebenso wie heißer Chai.
Irgendwann mussten wir dann aber doch weiter, denn satte 230 Kilometer lagen heute vor uns. Ein Teil der Strecke führte zudem laut Maps.me durch die Berge. Ein Routenabschnitt hat uns dabei im Vorhinein besonders viel Bauchweh bereitet.
Eindeutig Serpentinen.
Kurz vor der Serpentinenenroute haben wir unsere Motoren noch einmal abkühlen lassen und uns bereits etwas gewundert, warum am Horizont immer noch keine Berge auftauchen. Kurze Zeit später war die Sache klar. Keine Berge am Horizont, dafür Berge unter uns. Die Serpentinen führten steil nach unten und besonders duden hatte viel Spaß an diesem Routenabschnitt.
Tja, und hier sind wir nun also in Raipur und hoffen hier eine Bajaj Werkstatt zu finden, die unsere Threeweehler reparieren kann. Denn in Jagdalpur konnten nur provisorische Reparaturen vorgenommen werden.
Der Abendverkehr von Raipur, sagen wir mal so nach 230 km Fahrt über indische Straßen gib es Schöneres, was man machen kann, als durch dieses Verkehrschaos zu fahren.
Wünscht uns Glück mit der Werkstatt. Bis Varanasi ist es noch ein weiter Weg und bis in den Schwarzwald ein noch viel weiterer.
Tja, was soll ich sagen, jetzt hat es mich auch erwischt. Nachdem duden bereits heute Morgen schlapp gemacht hat, haben wir entschieden, den heutigen Tag hier in Bhadrachalam zu verbringen.
Erstmal wurde das Hotel gewechselt. Das Royal Palace ist alles andere als royal gewesen. Die Zimmer für indische Standards okay, aber der Fäkaliengestank am Abend und das unfreundliche Personal einfach nur unerträglich. Ich kann nur jedem davon abraten, hier eine Nacht zu verbringen.
Nachdem duden am Morgen mehr tot als lebendig auf dem Bett lag und kaum zum Aufstehen zu bewegen war, war die Entscheidung, einen Tag Pause einzulegen, schnell getroffen. Wie es das Schicksal, Shiva, Jahwe, Gott, Allah oder vielleicht auch der mächtige Buddha wollte, nicht zu vergessen unseren TukTuk Hanuman, sind wir natürlich auch hier nicht ohne Unterstützung.
Meeting Mamatha
Bereits gestern Abend haben wir Mamatha und ihre Familie kennengelernt. Wie so oft wurden wir auf der Straße angesprochen und um ein gemeinsames Foto gebeten. Mamatha hat ihre Bitte dabei so lieb und so schüchtern hervorgebracht, dass wir einfach nicht nein sagen konnten (zum Glück). Anschließend hat Mamatha uns dann noch ein Restaurant fürs Abendessen empfohlen und jeder ist seiner Wege gegangen. Zum Glück kamen wir nicht weit, da wir mit dem Einkaufen von diversen TukTukGimmicks beschäftigt waren und so fand Mamatha uns nach circa 20 Minuten problemlos wieder und hat uns kurzer Hand zu sich nach Hause eingeladen.
„Warum nicht?“, dachten wir und sind mit ihr zum Laden ihrer Eltern gegangen, dem Sri Ashapura Fancy & General Store – hier gibt es echt alles zu kaufen vom Alleskleber über Schlösser bis zur Zahnbürste.
Sri Ashapura Fancy & General Store
Im Laden angekommen haben wir uns zunächst eine kleine enge quietschtürkis gestrichene Wendeltreppe hochgekämpft und standen anschließend mitten im Wohnzimmer der Familie. Hier gab es erstmal den unvermeidlichen Indian Chai (süß. klebrig und stark). Während wir von unserer Reise erzählten, kamen immer mehr Familienmitglieder zu unserer Gruppe dazu. Indische Familienmitglieder, nahe wie ferne, schießen echt wie Pilze aus dem Boden, sobald ein Weißer im Haus ist – ich finde total süß wie begeistert und fasziniert sie von uns sind und das, obwohl wir diesmal kein TukTuk dabei hatten.
Nach einem leckeren Abendessen (NEIN – wir sind uns sicher, dass es nicht am Essen lag) haben wir uns verabschiedet und sind wieder zurück ins Hotel getingelt.
Aber wo war ich stehen geblieben? Ach ja, also Zombie-duden war zu nichts zu gebrauchen und ans Weiterfahren war nicht zu denken. Auf der Suche nach einem besseren Hotel haben wir uns hilfesuchend an Mamatha und ihre Familie gewandt und sind erstmal mit unseren TukTuks zu ihrem Laden gefahren.
Während ich wie immer Startschwierigkeiten mit meiner Batterie hatte, ist duden bereits vorgefahren. Die Distanz von knapp 600m bis zum Fancy Store der Familie Dabi musste ich demnach allein zurücklegen und glaubt mir, ich hatte irre viel Spaß. Zu zweit mit zwei TukTuks fallen wir ja schon auf, aber ich ALLEIN als FRAU im TUKTUK – das war unterhaltsam. Ich sage nur vor Schreck quiekende Männer im Lungi.
Im Store angekommen ging es duden leider rapide schlechter und wir wurden von unseren neuen Freunden in die nächste aryvedische Klinik gebracht.
Aryvedische Klinik
Nach einem Bluttest und einer unfassbar hohen Medikamenten- und Behandlungsrechnung von umgerechnet 15 Euro waren wir mit allem Nötigen versorgt.
Diagnose Wydel Fever oder war es Vinel Fever oder Vinyl Fever????? Weder die Aussprache noch die schriftliche Diagnose war für uns zu entziffern.
auch in Indien ist so manche Arzthandschrift unentzifferbar
Irgendwann hat dudens Gehirn aber doch mal wieder kurz zu arbeiten angefangen und während ich noch Vinel fever gegooglet hatte, wurde ihm klar, dass es sich wahrscheinlich um viral fever handelt – zu deutsch ein Virusinfekt. Unangenehm, aber nicht weiter gefährlich.
Nächste Station Sri Venkateswara Hotel, nur 20 Meter vom Royal Palace entfernt und um Längen besser.
Hier liegen wir nun – inzwischen beide, denn nachdem ich duden am Vormittag noch mit Obst und allerlei Genesungstamtam versorgt habe (als Team hält man natürlich in guten wie in schlechten Zeiten zusammen), liege ich inzwischen auch flach.
Obst fürs Krankenlager
Aber keine Sorge, wir sind gut versorgt mit Medikamenten und auch Mamatha und ihre Familie informieren sich regelmäßig nach dem Stand der Dinge und heizen dem Hotelpersonal ordentlich ein (seitdem haben wir Wasserflaschen und gerade wird ein leichtes Abendessen für uns gekocht. Klar werden wir diese Extrabehandlung bezahlen müssen, gut tut sie aber trotzdem).
Morgen geht es dann hoffentlich weiter…. wir halten euch auf dem Laufenden.
So, wie versprochen noch ein kurzes Fazit zu den ersten Stunden auf dem indischen Highway